Nein, nicht AC und DC. Und eigentlich sogar mehr, doch dazu ein anderes Mal. Wir haben uns ja zusammen in den letzten Wochen Gedanken zu Plot und Setup und vor allem zu einem payoff-Mechanismus namens Chekovs Gun gemacht. Da steigen wir wieder ein.
Payoff
Der Pay-off ist der Lohn des Lesers und Zuschauers. Eine Geschichte, die vertrackt ist, und bei der auf einmal etwas „Click“ macht. Das kann in ganz unterschiedlicher Weise geschehen, und nicht immer ist es der Leser/Zuschauer, den der payoff erwartet. Beim Graf von Monte-Christo wissen wir die ganze Zeit, wer er in Wahrheit ist, aber seine Peiniger wissen es nicht. Der payoff ist an der Stelle (den Stellen), als sein Plan aufgeht und sie es erkennen. Genau umgekehrt ist es bei den usual suspects, bei der die Hauptfigur mehr weiß als der Zuschauer und der payoff in der letzten Szene liegt, wenn der Zuschauer begreift, dass er der erzählten Geschichte ebenso auf den Leim gegangen ist wie die anderen Figuren.
Und dann gibt es Mischungen, wie bei Bladerunner oder the sixth sense. Dort wirft ein Twist die bisherige Handlung durcheinander und wir müssen rückwirkend Ereignisse umdeuten. Die handelnden Figuren wissen aber auch nicht mehr.
So oder so wird ein Plot erzählt. Handlungselemente fügen sich wie Fäden langsam zu einem komplexen Muster zusammen und mi der Erklärung verstehen wir das Muster.
Eine Achterbahn
Der Spaß am Achterbahnfahren – so man dabei Spaß empfindet – liegt ja nicht in der Gefahr und auch nicht in der Erwartung. Da passiert nichts, womit man nicht rechnet. Spätestens bei den Infoschildern, welche einem die Wartezeit verkürzen sollen, erfährt man aus wievielen Bolzen das alles zusammengebaut ist. Man steigt ein und die Fahrt macht Spaß.
Speziell aus dem asiatischen Markt gibt es Filme und Serien, die diesem Modell folgen. Warum einen payoff haben, wenn die Reise doch so toll ist. Serien wie SquidGame oder MyName machen tonnenweise Handlungsbögen auf, die sie nie abschließen. Die wollen nicht erzählen, die wollen nur spielen. NowYouSeeMe macht das gleiche. Eine kohärente Story oder ein stimmiger Plot wird aufgegeben, zugunsten eines unmöglichen Pay-Offs.
Ein Beispiel
Irgendwie zumindest. Man nehme: Ein Krimi. Eine Leiche in einem verschlossenen Raum. Stück für Stück erfahren wir, dass es kein Entkommen aus dem Raum gab und kein Eindringen möglich war. Dennoch wurde ein Mensch ermordet. Aus Gründen weiß Inspektor Knowledge genau wer der Täter ist, den wir hier einfach Mr.Täter nennen, doch der Tatablauf ist nicht zu erklären. Der Mord scheint unmöglich zu sein. Dann das Ende:
Knowledge: „Wissen Sie, es hat mich verrückt gemacht. Ich habe keine Sekunde daran gezweifelt, dass Sie der Täter sind, doch ich konnte nicht begreifen, wie Sie es gemacht haben Mr.Täter.“
Mr.Täter greift nach der Packung Zigaretten, die ihm Knowledge hinhält und nimmt sich eine heraus. Er nimmt einen tiefen Zug und bläst den Rauch aus der Nase, während er nach oben schaut. Dann dreht er denn Kopf zu Knowledge und antwortet: „und, wissen Sie es jetzt?“
Knowledge antwortet: „Tja, das ist die Sache. Nachdem alle möglichen Erklärungen ausgeschlossen sind, konnte es keine Erklärung geben.“
Mr.Täter kicherte kurz, dann antwortete er: „Also war es unmöglich?“
Knowledge nickte. „Genau. Sie haben das unmögliche vollbracht. Und damit sind Sie schuldig.“
Mr.Täter nimmt nochmals einen tiefen Zug, dann schüttelt er den Kopf. „Das bekommen Sie doch nie vor Gericht durch.“
„Ich habe eine Leiche und einen Täter. Mehr benötige ich nicht.“
Da fühlt man sich doch betrogen?
Ich will wissen was passiert ist!
Wobei wir das so weiterspinnen könnten:
Mr.Täter: „das glauben Sie.“
„Ja, das glaube ich. Und ich warne Sie. Selbst wenn Sie es für unmöglich halten, dass ich Sie hinter Gitter bringe…“
Mr.Täter zog die Luft ein und verschluckte sich am Zigarettenrauch. „Nein. Das ist nicht möglich.“
„Nein. Ist es nicht. Es jetzt gehen wir.“
Cool?
Nee, ein Taschenspielertrick. Eine ordentliche Geschichte verdient eine ordentliche Erklärung. Auch in magischen Welten gibt es Regeln (wer wäre hier nenneswerter als Brandon Sanderson?). Wann immer die Auflösung durch eine künstliche Einmischung von Außen passiert ist das faules Storytelling.
Ein anderes Beispiel weils hier reinpasst:
Batmans Geburt:
Der Verbrecher, der Batmans Eltern nach der Opernaufführung erschossen hat ist Batman selbst (aus einer anderen Dimension), damit das ganze Universum nicht untergeht, weil Batmans Eltern in dieser Welt überlebt haben und es daher keinen Batman gibt oÄ.
Klingt erstmal wie eine nette Idee, bedeutet aber am Ende: Es gibt keine Auflösung. Ich hab nur so getan als ob ich euch etwas neues erzähle. Man stelle einmal das Ende von 12 Monkeys daneben, dann sieht man den Unterschied.
Zurück zur Achterbahn: Nicht jeder noch so kleine Story Arch muss geschlossen werden. Vor allem nicht im Werk selbst. Solange der Autor wenigstens die Erklärung bedacht hat, ist alles im Lot. Doch soviel muss halt sein. Schließlich bewertet man das erlebte auch am Ende rückwirkend. Denke man zum Beispiel an Lost oder How I met Your Mother. Die Frage die uns alle Stunden und Jahrelang bei der Stange gehalten hat konnte nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Und wie fühlt sich das an?
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