Schreibwerkstatt: Setup und Plot

Heute startet ein mehrteiliger Gedankengang von A nach B. So zumindest der Plan. Den Anfang macht: Setup Vs. Plot. Oder mit den Worten des Regisseurs Jean-Luc Godard:

Jede Geschichte hat einen Anfang, eine Mitte und ein Ende, aber nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.

Jean-Luc Godanrd


Und damit in medias res.

Wording


Egal ob man Bücher, Foren oder Blogs über das Storytelling besucht, man begnet schnell den Begriffen Plot, Setup, Story, Geschichte, Handlung, Spannungsbogen, Entwicklung und einigen mehr. Diese Begriffe werden immer wieder synonym und dann wieder nicht verwendet. Es ist auch nicht einfach, da sich verschiedene Arten eine Geschichte zu erzählen auch stark in der Gewichtung unterscheiden. Um hier einen sinnvollen Gedankengang (hört hört!) zu Entwickeln legen wir folgende Situation fest und beäugen von da aus die Entwicklung.

Setup


Der Einstieg in die Geschichte. Der Beginn der Handlung. Der Anfangspunkt, der nötig ist, damit unser Protagonist loslaufen kann. Ein gutes Beispiel für ein Setup ist der Rolltext am Anfang der Starwars Filme. Dieser Text erklärt uns was im Universum passiert ist um an den Anfangspunkt unserer Geschichte zu kommen, aber nicht mehr.
Je mehr Fantasy oder Sience-Fiction für eine Geschichte von Nöten sind, desto klarer muss das Setup dem Leser/Zuschauer erklärt werden. Je nach Buch oder Film kann die Entwicklung des Setups auch einen größeren Teil in Anspruch nehmen, aber dazu später mehr.

Plot


Plot bedeutet das gleiche wie Geschichte. Der Plot ist das was zwischen den Buchdeckeln (oder zwischen Vorspann und Abspann) passiert. Unser Held und seine Abenteuer. Die Drachen die er bekämpft wurden qua Setup in die Welt gesetzt, sein Weg zu ihnen ist der Plot. Nach dem Rolltext, wenn es heißt: Action!
Die Probleme
Und damit zu den Verwischungen. Das Setup ist gesetzt. Es sind die Regeln. Ich behaupte, dass es relativ einfach ist, ein interessantes Setup zu schaffen. Im Grunde reicht dafür jeder „was wäre wenn“-Gedanke:

  • Was wäre wenn die Erde von Aliens überfallen werden würde?
  • Was wäre wenn die DDR weiterbestehen würde?
  • Was wäre wenn ein Mensch mehr Geld bekommen würde als jeder andere?

    Deutlicher wird es wenn wir die Idee so formulieren:
  • Eine Geschichte über eine Alieninvasion
  • Eine Geschichte über eine alternative Geschichtsschreibung
  • Eine Geschichte über die Irrungen der Weltwirtschaft.

Und nu?

Eben, das sind Ausgangspunkte. Was es jetzt braucht ist eine Geschichte, also ein Plot, den ich in dieser Ausgangssituation spielen lasse. Und dabei wird es ganz schnell haarig, denn so eine Alieninvasion ist zwar ein spannendes Hintergrundrauschen, aber ich kann eine Million verschiedener Plots darin ansiedeln:

  • Kreidestriche: Die Geschichte von Frau Müller, die ihre Grundschulklasse trotz der Alienivasion weiter in einem Bunker unterrichtet.
  • Hotwheels: Die Geschichte von Schmuggler Sam, der in seinem 18-Wheeler von Raumschiffen verfolgt durch die Wüste Nevadas rast um seine Jugendliebe wiederzufinden.
  • Endprotocol: Die Geschichte einer US-Spezialeinheit, die sich in ein Alienmutterschiff einschleusen um den Invasionskrieg endgültig zu beenden.

Usw.
Jetzt hat man schon ein Gefühl dafür, was passieren kann. Das ist letztlich die Festlegung auf ein Genre bzw. auf eine Zielgruppe (Wer soll das lesen oder schauen?). Es wird aber auch eine zweite Sache sehr deutlich: Im Plot rückt das Setup ein ganzes Stück in den Hintergund. Es wird klar, dass es nicht mehr um Aliens geht, sondern um einen Protagonisten.

Und damit sind wir beim Kern: So einfach es ist ein cooles Setup zu erdenken, so schwierig ist es darin einen guten Plot zu erzählen. Die gute Nachricht ist, dass das gar nicht immer sein muss. Geht es um die dramatische Entwicklung einer Figur, dann braucht es kein reißerisches Setup. Ist das Setup sehr konkret und spannend, dann ergibt sich der Plot daraus (zB. Ein Meteorit rast auf die Erde zu und muss gesprengt werden, sonst alle tot).

Die Unschärfe

Und wo liegt jetzt die Verwechslung? Es gibt sehr gute Geschichten, die nichts anderes machen als clever zu erzählen, wie das Setup eigentlich zustande gekommen ist. In Krimis ist es der whodunit. Wir wissen alles, und begeben uns dann auf die Suche nach dem Warum. Eigentlich erzählen wir gar keine Geschichte nach vorne, sondern decken nur langsam auf was passiert ist, um am Ende wieder in der Anfangssituation anzukommen.

Noch deutlicher wird es bei einem solchen Setup: Der größte Schwertkämpfer der Welt wurde von einer seiner zahlreichen Geliebten vergiftet bevor er seinem Lehnsfürst einen letzten versprochenen Gefallen erfüllen konnte. Nun muss sein Sohn diese Aufgabe nachholen, doch da er gerade erst geboren wurde muss das noch 20 Jahre warten…

Das ist jetzt grundsätzlich keine schlechte Sache. Wir können loslegen, dass der Sohn ja kein so toller Schwertkämpfer ist, also sucht er sich einen grantigen/kantigen Lehrmeister, der hat eine taffe und talentierte Schülerin und zusammen und so weiter und so fort.

Nur: Der Plot des Sohnes interessiert eigentlich keine Sau. Das was spannend ist wäre: Wie wird man weltbester Schwertkämpfer? Was ist mit den ganzen Mädels? Warum Gift? Etc.

Das Setup hat ja auch eine Handlung, die Vorgeschichte. Und eine Handlung ist ja ein Plot, also haben wir zwei Plots?

Eben. Und in diesem Beispiel ist einer klar interessanter als der Andere.

Ist das nicht immer so?

Häufig ja. Und es ist ja auch gut und schön Handlungen in der Vergangenheit anzustoßen, nur der Plot, der Hauptplot muss ebenfalls interessant sein. Kann man das Setup nicht mit Leben füllen, dann hat man keine Geschichte. Um den Bogen zurück zu dem Godard Zitat zu schlagen: Die Mitte des Setups ist der Anfang der Geschichte und wenn man es gut macht, ist das Ende von einem auch das Ende des anderen.

Nächste Woche geht’s weiter…stay tuned!

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