Ich bin ja aktuell mit der Überarbeitung meines Entwurfs, bzw. der eigentlichen Erstverfassung meines erstens Romans beschäftigt. Dabei habe ich sehr viel gelernt. Manches davon möchte ich hier berichten und aufarbeiten.
Heute geht es um das Thema erzählen. Konkreter um das Prinzip: Show don’t tell
Dieses Prinzip ist das erste, was ich in jedem Forumsbeitrag und auf jedem Blog genannt bekomme, wenn es um das erzählerische Schreiben geht. Es braucht natürlich beides. Dazu komme ich gleich. Was mich mehr umtreibt ist die Frage der Mischung, und die scheint mir sehr weit eine Frage des Stils zu sein.
Glücklicherweise ist diese Frage nicht einfach zu beantworten. Das sorgt für Abwechslung.
Hier nun eine These: Einen eigenen Stil findet man nur durch Übung.
Das lässt sich bei praktisch allen Aktivitäten beobachten und folglich auch auf alle Aktivitäten übertragen. Der Spielstil der spanischen Fußballmannschaft, der Tanzstiel Michael Jacksons.
Man kann auf der Gitarre den Stil von Eric Clapton oder Mark Knopfler kopieren, oder einen eigenen Stil entwickeln. Aber man beginnt weder mit dem einen, noch mit dem anderen. Man beginnt mit den Basics. Im Eishockey eifert man Gretzky oder Owetschkin nach, im Golf Tiger Woods. Aber nicht in der ersten Unterrichtsstunde. Ein Bild über dem Kamin als Ansporn schadet dennoch nicht.
Eines dieser Basics ist das lebhafte Erzählen. Jede Geschichte ist ja eine Erzählung. Statt nun einfach zu berichten was geschieht-
z.B.: Er geht in den Raum und sieht eine Vase. Er läuft hin und wirft sie auf den Boden. Die Sonne scheint.
ist es spannender zu lesen wie es geschieht:
z.B.: Seine Schritte verlangsamten sich abrupt, als er den Raum betrat. Die Sonne schien durch das Fenster und ließ tausende kleiner Punkte durch den Raum schweben. Sein Herz raste. Zitternd hob er seine Arme. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Seine Absätze knallten bei jedem Schritt. Seine Augen waren aufgerissen. Kein Zwinkern seit der den Raum betreten hatte. Er holte aus. Mit einem Krachen warf der die Vase vom Tisch. Die Porzellansplitter stoben in alle Richtungen. Eine weiße Wolke stieg auf und tanzte mit den Staubpartikeln in der Luft.
Beide Sätze haben, mehr oder weniger, den gleichen Informationsgehalt. Der erste ist ein Bericht, der zweite Prosa.
Jetzt aber zu meinem Problem:
Ich begreife dieses System erst. Ich bin dabei es umzusetzen. Doch ich hänge immer wieder an technischen Kleinigkeiten. Eine Erzählung ist nun mal eine Erzählung. Selbst wenn ich zeige was passiert erzähle ich.
- Er betrat den Raum. (Tell)
- Seine dunklen Schuhe traten hart auf den Boden, als er durch die geöffnete Tür in das alte Arbeitszimmer ging. (Tell)
- Seine Füße huschten über das Parkett. Das abgewetzte Leder seiner Schuhe hob sich kaum von dem abgetretenen Holz des Bodens ab. Die Tür stand offen. Ohne zu zögern schritt er hindurch. (Show)
- Seine Füße huschten über das Parkett. Das abgewetzte Leder seiner Schuhe hob sich kaum von dem abgetretenen Holz des Bodens ab. Das Fischgrätenmuster ließ die abgelaufenen Absätze noch schiefer erscheinen. Die Tür stand offen. Das Licht schimmerte auf dem Schlüssel, nicht aber auf dem angelaufenen Messingknauf. Er eilte durch die Zargen und atmete dabei aus. Seine Schritte wurden weicher, ohne an Geschwindigkeit zu verlieren. (The Show must go on…)
Das letzte Beispiel sollte das Prinzip überreizen. Ist mir das gelungen?
Das ist wieder diese Unsicherheit. Ich spüre beim lesen deutlich, wie die Geschwindigkeit sich verändert. Von Satz 1 zu 2 zu 3 nimmt sie stets zu. Der vierte Satz hat wieder eine ganz andere Dynamik.
Zwischen Satz 3 und 4 fühle ich mich aber wohl.
Ein weiterer Ratschlag ist Texte zu kürzen. Also folgenden Prüfstein:
Braucht es die Information?
Damit wären wir wieder beim ersten Satz. Das ist die Information. Also muss noch (mindestens) eine zweite Regel her. So etwa:
Geht etwas verloren wenn ich streiche?
Alle vier Sätze können rückwärts aufeinander reduziert werden. Es geht immer etwas verloren. Das bringt mich nicht weiter.
Muss es auch nicht. Für den Moment reicht mir die Gewissheit, überhaupt ein Problem erkannt zu haben. Ich übe noch. Show don’t tell ist ein gutes Prinzip. Wie viel Show, das ist eine Stilfrage. Ich werde berichten (tell), wenn ich mehr weiß.
[…] ist etwas, das kann ich als Leser gar nicht ab. Hat auch mit Show and Tell zu tun: Entweder ich beschreibe wie sich eine Figur benimmt und das so, dass klar wird wie sie sich […]